Donnerstag, 12. Juli 2012

Glänzende Lichter




Die Steine sind kalt und sie kommen mir feucht vor. Wahrscheinlich macht das die Kälte.
Die Flussdecke schimmert gelb im Schein der Lichter. Die Sonne hat sich schon vor Stunden verabschiedet. Irgendwann gingen die Lichter an. Die Lichter einer Stadt, die wohl nie erlischt. Immer vom Schein der glänzenden Lichter erfüllt.
Der dunkelblaue schwere Himmel hängt über uns wie ein Zelt. Er beschützt uns und die Lichter, damit sie nicht fliehen können. Die letzten Menschen verlassen das Flussufer. Ich höre Kinder die auf ihre Eltern einreden und noch länger bleiben wollen.
Auf der Brücke fahren nur noch wenige Autos. Vielleicht sind sie auf dem Weg nach Hause. Einige von ihnen fahren bestimmt zur Arbeit und wieder andere auf eine Party, zu ihren Schwiegereltern, zu Freunden oder einfach nur um des Fahrens Willen. Aber wir beide sitzen nur hier auf den kalten Steinen. Es riecht nach Sommer. Und einer Brise Wasser. Meer und Freiheit.
Aber in der immer leuchtenden Stadt ist man nicht frei. Nicht einmal, wenn man hier am Fluss sitzt und die Freiheit auf der Haut zu spüren denkt.
»Ist dir kalt?« fragst du mich und ich schüttele leicht dein Kopf. Du legst deinen Arm um meine Schulter und ich lehne mich an dich an. Ich schließe meine Augen und lausche den Geräuschen. Dem Brummen der Motoren der Autos auf der Brücke. Dem leichten Summen der Lampen. Dem lieblichen Gesang der Vögel. Deinem Atem. Den dumpfen und unverständlichen Gesprächen der Menschen, die einige Meter von uns entfernt am Ufer des Flusses spazieren.
Ich höre wie sich die sanften Wellen des Wassers gegen Steine und Mauern verlaufen und ruhig wieder zusammenfließen. Dieses angenehme leise Geräusch des kühlen Nass´, wie es sich seinen Weg um die Steine bahnt.
Ich nehme einen Stein in die Hand und streiche mit meinem Daumen über seine glatte Oberfläche. Du streichst meinen Arm auf und ab und küsst mich in den Nacken. Dein warmer Atem beschert mir eine Gänsehaut.
»Wenn dir kalt ist, sollten wir lieber gehen.« sagst du. Aber das will ich nicht. Ich möchte diesen Moment in ein Glas stecken und es fest verschließen. Ich will nicht, dass die Geräusche verebben und ich möchte den Duft der Freiheit nicht hier lassen.
Ich schüttele leicht meinen Kopf und flüstere ein kaum verständliches nein. Wieder streichst du mit deiner warmen Hand über meinen kühlen Arm.
»Du bist schon ganz kalt.«
»Nein, ich möchte nicht gehen.«
»Du wirst dich erkälten auf den kalten Steinen.«
»Mir ist nicht kalt. Lass uns noch ein wenig bleiben.«
Ich versuche die Farben abzuspeichern. Dieses ewigdunkle und schwere Blau des Nachthimmels und der Schatten. Und das zart leuchtende Goldgelb auf den Lampen und auf dem Fluss. In den Fensterscheiben und auf den Mauern der erleuchteten Brücke.
»Wir könnten morgen wiederkommen.« sagst du. Dann lege ich einen Finger auf deine Lippen und du siehst mich an. Deine Augen haben das Goldgelb in sich aufgenommen. Ich wünschte, sie würden es nie wieder hergeben, damit ich es mir immer ansehen kann. Damit ich mich daran erinnern kann.
»Wir kommen morgen wieder hierher?« frage ich. Ich höre immer noch, wie das Wasser leise rauscht und konzentriere mich für einen Moment es einzufangen.
»Ich verspreche es dir.« flüsterst du und küsst mich. Ich schließe meine Augen und sehe das goldgelbe Licht, dieses schwere dunkle Blau. Und ich bin mir sicher, es sind die Farben der Freiheit.

3 Kommentare:

  1. Wow, ich liebe solche Momente. Sie sollten eigentlich für immer andauern, aber würden sie das, wären es keine besonderen Momente und deshalb ist es vielleicht gut wie es ist, dass sie nicht in ein Glas passen, weil sie viel zu groß und ungreifbar dafür sind.

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  2. Blogaward, Herzchen.
    http://federflug.blogspot.de/2012/07/just-like-that.html

    Und zu deiner Geschichte:
    Wunderschön. Ich mag sie, sehr sogar.

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