Sonntag, 23. Dezember 2012

fucked untitled





Ich halte den kleinen gelben Becher unter die Wasseroberfläche und lasse ihn volllaufen. Dann führe ich ihn vorsichtig bis an meine linke Schulter und das Wasser läuft an ihr herunter. Halte den Becher wieder unter Wasser und begieße meine rechte Schulter. Das Wasser ist viel zu kalt. Scheiße ist es kalt. Lasse ihn wieder volllaufen und ertränke meine Schulter. Die Linke und die Rechte. Lasse das Wasser über meine Brüste fließen und in meinen Bauchnabel. Über meinen Kopf, Haare und Gesicht. Mein linkes Knie und über das rechte. Mir fallen die roten Flecke an ihnen auf. Wer weiß, woher sie kommen. Ich lasse wieder Wasser über sie laufen und es brennt ein wenig. Ertränke sie wieder und wieder und genieße wie das Wasser über sie plätschert und jedes Mal ein kleiner Schmerz aufflammt.
Ich schaue an mir runter und ein Schauer überläuft mich. An meinen Schenkeln kurze, saubere Schnitte. An meinen Knien rote Flecke an denen man schon das nackte Fleisch sieht und unwillkürlich verteilte Schnitte an den Waden vom hastigen Rasieren. Und alles brennt. Ich pule den Schorf von meinen Beinen ab und stochere in den Wunden herum. Das kalte Seifenwasser bohrt sich in mich und verschwindet dann wieder. Bohrt sich tief hinein und verschwindet, bohrt und verschwindet.
Niemand sieht die Narben und keiner wird diesen Schmerz fühlen. Nicht einmal du. Was fühlst du überhaupt? Siehst ja nicht einmal, dass du mich kaputt machst. Dass ich das nicht aushalten kann. Fuck. Ich hatte gedacht ich kann das. Aber du siehst mich ja. Oder eben doch nicht. Siehst weder meine Tränen noch die Geister in mir drin. Hast du nicht gesagt, dass du mich magst? Warum nicht, dass du mich liebst? Hast du Angst davor? Fragst mich nicht was ich fühle und denke. Bist du zu schwach? Hast du Angst davor? Wir stellen nur die Fragen, deren Antwort wir ertragen können. Und würdest du sie ertragen können? Die Antwort, dass ich süchtig geworden bin von der Versuchung?
Ich habe mich lange bemüht es auszuhalten. Und zeitweise, man war ich glücklich. Scheiße, ja! Irgendwann hat man gelernt, das was man sich einflößt, auch zu glauben. Und ja man, ich habe wirklich geglaubt es geht. Aber scheiße man, nein, es geht einfach nicht. Ich falle immer wieder in dieses verfickte Loch. Und ich kann das nicht ertragen. Ich kann es nicht aushalten dich zu sehen und zerbreche daran, dich nicht zu sehen. Ich könnte weinen wenn ich mit dir rede und trete um mich und schreie wie eine Verrückte, wenn ich nicht bei dir sein kann. Was ist aus meiner Gleichgültigkeit geworden? Ich packe es einfach nicht. Und die Narben hier werden mich erinnern. Scheiße ja. Ich hatte doch immer gesagt ich kann das nicht. Einfach eine Klinge nehmen und ansetzen. Aber du siehst ja, was es mit einem macht. Mit mir macht. Du mit mir machst. Wenn man so verrückt danach ist, der Versuchung erneut zu begegnen.
Es ist nicht gelogen, wenn ich sage, dass es okay ist. Ich habe meine innere Balance gefunden. Zwischen schreien und weinen und den Stunden des Glücklichseins. Was ist mit morgen? Da ist Weihnachten. Nichts besonderes, eigentlich. Nur ein weiterer trostloser Tag an dem die aufflammende Hoffnung wieder stirbt. Und mit ihr ein bisschen Farbe aus meinen Leben geht. Aber was tut man nicht alles für die liebe Familie und spielt ein wenig heile Welt. Weißt du, ich habe mir ein hübsches Kleid gekauft. Auch wenn ich es nur dieses eine Mal tragen und dann anschließend auf ewig in meinen Schrank verbannen werde, freue ich mich schon darauf es der Welt zu zeigen. Ich werde die Narben mit Makeup abdecken und mit zwei Strumpfhosen umhüllen, damit niemand die Fäden auf meiner Haut sieht. Es wird niemandem auffallen, was du mit mir machst. Und keiner wird meine Tränen und Geister sehen, weil sie alle nur auf die Geschenke und das Essen aus sind. Aber was ist aus der Magie geworden? Wenn man sich als kleines Kind nicht mehr beruhigen kann vor Vorfreude. Die Magie die einen zu Weihnachten einnimmt und das Herz erwärmt. Scheiße klingt das kitschig, aber ist es nicht so? Man kann das erst so richtig beurteilen, wenn das alles gegangen ist. Ich habe noch nicht einmal für jeden ein Geschenk. Wahrscheinlich wird ihnen nicht einmal das auffallen. Aber was macht das schon?
Das Wasser ist viel zu kalt, noch kälter als die Luft die mich umgibt. Und eigentlich gibt es keinen Grund schon wieder zu weinen, denn es wird eh niemand meine Tränen sehen. Und du würdest sie nicht einmal sehen, wenn ich direkt vor dir stünde.

Und jetzt sag mir, warum ich dich dennoch nicht loslassen kann.

4 Kommentare:

  1. Scheiße, der Text ist so gut. Ich sollte das ja gar nicht gut finden, aber ich kann mich so gut in dich 'reinversetzen und dann ist das auch noch so verdammt gut geschrieben. Ein Herz für dich, ja? <3

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  2. Das ist echt der Hammer wie du schreibst!
    Respekt ;)

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  3. ich liebe es wie intensiv alles rüberkommt. darf ich fragen, ob du über dich selbst oder eine ausdachte person schreibst?

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  4. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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