Freitag, 16. Oktober 2015

Gänsehaut. Schatten auf der Wand. Tanzen über die Tapete. Schweben durch den leeren Raum, von links nach rechts. Von oben nach unten. In ständiger Bewegung, aber ganz sacht. Kaum zu bemerken. Nur wage Gestalten. Eher Schemen. Konturen sind kaum erkennbar.
Die Wand erscheint im sanften Mondschein der Nacht nur grau und lediglich die Schatten sind noch dunkler. Kein ebenes und mattes schwarz. Ein unendlich tiefes grau.
Auf deinem Gesicht hängen Schatten und ich kann in ihm sehen, dass die Anspannung gewichen ist. Dass sich Ruhe ausgebreitet hat. In dir. Diesem Zimmer. Im ganzen Haus.
Dein Brustkorb hebt und senkt sich bedächtig. Gleichmäßig. Wohltuend. Deine Atemzüge geben den Takt der Zeit. Und sie verstreicht langsam. Und leise.
Man kann den Wind hören, wenn man sich konzentriert. Wie er sanft um die Mauern streift und durch die Baumkronen klettert. Wie er die Blätter im leichten Reigen tanzen lässt und die kühle Herbstluft durch den dünnen Spalt des offenen Fensters um uns legt. Dass sich die dünnen Härchen auf den Armen aufstellen. Und es ist eisig kalt.
Ich lasse mich in dich hineinfallen. Folge deinem Atem bis sie synchron sind und man unser beider nicht mehr unterscheiden kann. Versinke in deinem Schoß und will in dem Moment verharren. Die Nacht nicht hergeben. Die Stille. Dich.
Über die Baumkronen hinweg zeichnet der Himmel sein vollkommenstes Schwarz. Spannt es wie ein Tuch. Ein Segel mit kleinen weißen Punkten. Mit vielen runden Tupfen. Die Sommersprossen der Nacht.
Und ich hebe ganz leicht meine Hand und strecke einen Finger aus. Tippe jeden Tupfen an und zähle sie. Jeden einzelnen Fleck. Und keinen zweimal. Wie Papa es für mich getan hat. Als ich noch ganz klein war. Und ich habe ihm geglaubt, dass er es kann. Habe darauf vertraut, dass der Himmel es gut mit uns meint.
Du nimmst meine Hand, senkst sie langsam und drückst sie. Nicht mit Kraft. Sorgsam. Streichst sanft über meine Haare. Küsst mich zärtlich auf die Stirn und flüsterst liebevoll »Du kannst sie nicht alle zählen.«
Ich schließe meine Augen und gebe mich der Nacht hin. Versuche den Gedanken zu entfliehen. Und mir ist gar nicht mehr kalt, während du mich fest in deinen Armen hältst und ich weiß, dass der Himmel auf uns aufpasst.

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